Ablehnung von Bewerbern, die das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente bereits vollendet haben – Rechtfertigung nach § 10 AGG BAG, Urteil vom 31. März 2022 – 8 AZR 238/21

1. Hat eine Bewerbung keinen Erfolg, weil der Bewerber die sog. Regelaltersgrenze überschritten hat, liegt hierin eine unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG.

Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat und ob der/die von dem Beklagten ausgewählte Bewerber/in die Stelle angetreten hat, kommt es insoweit nicht an.

2. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters könnte nach § 10 S. 1 und S. 2 AGG zulässig sein, weil der Arbeitgeber, der an die tarifliche Altersgrenze des § 33 TVöD gebunden ist, mit der Zurückweisung von externen Bewerbern, die diese Regelaltersgrenze überschritten haben, das legitime Ziel des § 10 S. 1 AGG, Art. 6 Abs. 1 UAbs 1 EGRL 78/2000, verfolgen kann, eine ausgewogene Altersstruktur von jüngeren und älteren Beschäftigten zu schaffen, um über eine bessere Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen den Zugang jüngerer Personen zur Beschäftigung zu fördern.

Das Entschädigungsverlangen eines/einer erfolglosen Bewerbers/Bewerberin nach § 15 Abs. 2 AGG kann in Ausnahmefällen dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§242 BGB) ausgesetzt sein. 

Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, sofern diese Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihr darum ging, nur den formalen Status als Bewerber/in iSv. § 6 Abs. 2 S. 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs ggü. dem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG trägt der Arbeitgeber.